Gemeinsam stärker als allein
Shownotes
Es klingt paradox: Gerade in stürmischen Zeiten fällt es uns am schwersten, Hilfe zuzulassen. Woher kommt das Muster?
In dieser Episode sprechen Jens Alsleben und Jörg Weidenfeld über ein Muster, das viele Unternehmen in die Schieflage bringt: die Angst, sich verletzlich zu zeigen. Sie schildern Fälle, in denen Abteilungen lieber Informationen zurückhalten, als gemeinsam bessere Ergebnisse zu erzielen – und erklären, warum hinter dieser Abwehr oft alte Prägungen und mangelnde psychologische Sicherheit stecken.
Es geht um die Rolle der Führungskraft als Vorbild, um die Kunst, Stärkenorientierung wirklich zu leben, und darum, wie Teams wie eine gute Band funktionieren können: Jeder bringt ein Instrument ein, und nur gemeinsam entsteht Musik.
Jörg berichtet von eigenen Erfahrungen aus der Restrukturierungspraxis, Jens ergänzt mit Einblicken in Flow-Forschung, Job Crafting und stärkenbasierte Führung. Am Ende steht ein klarer Impuls: Hilfe zu bitten ist keine Schwäche – sondern der Beginn von Wachstum, Vertrauen und Co-Kreation.
Eine Folge für alle, die erleben wollen, wie viel leichter Arbeit wird, wenn man das „Alles-alleine-machen-müssen“ loslässt – und echte Zusammenarbeit zur Stärke macht.
Bis zum nächsten Mal, haltet durch und bleibt entspannt! Euer Jens, Jörg und Gustav.
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Quellen:
Selander, K., Henning, G., Agardh, E., & Speklé, E. (2023). Engaging leadership and psychological safety as resources for work recovery in demanding times. International Journal of Environmental Research and Public Health, 20(5), 3985. https://doi.org/10.3390/healthcare11071045
Wouters-Soomers, L., van den Heuvel, T., & Kuijpers, M. (2022). An individual perspective on psychological safety: The role of self-compassion and basic need satisfaction. Frontiers in Psychology, 13, 894063. doi: 10.3389/fpsyg.2022.920908
Schmidt, K. (2021). Effects of vulnerable leadership behavior on immersion and psychological safety in followers (Doctoral dissertation). William James College.
Transkript anzeigen
00:00:00: Jens Alsleben „stark im Sturm. Ein Podcast von und mit Jens Alsleben und …
00:00:09: Jörg Weidenfeld Jörg Weidenfeld. Hallo und herzlich willkommen, liebe Zuhörer, zu unserer heutigen Episode. Mit euch spricht wieder der Jens.
00:00:23: Jens Alsleben Moin.
00:00:25: Jörg Weidenfeld Und der Jörg. Ich glaube, für die, die das erste Mal die unseren Podcast hören, uns mal kurz vorzustellen, wenn ich das mal machen darf, mein lieber Jens, mein Podcastkolleg ist ein erfahrener Hedgefonds-Manager, sehr erfahren in der Sanierung und Restrukturierung und ein wunderbarer Coach für Manager und Menschen, die durch Sondersituationen, persönlich wie professionell, ihr Leben bestreiten wollen.
00:00:55: Jens Alsleben Ganz genau. Und der liebe Jörg, der ist ein Erfahrens ganz erfahrener alter Restrukturierungshase, Retter in der Not, wie ich immer so schön sage. Und er ist vor allen Dingen Krisencoach und Stratege, navigiert Organisationen seit über 25 Jahren durch harte Transformation, Turnarounds und Neuanfänge und erlebt dabei jeden Tag eine Schote nach der anderen. Und jetzt haben wir auch wieder so eine Schote, die wir mal als Aufhänger nehmen für die heutige Episode. Dirk.
00:01:29: Jörg Weidenfeld Genau, weil die Kernfrage, die sich ja immer oft stellt, ist: Was bringt Unternehmen eigentlich in eine Schieflage? Was ist das systemische Problem, was Menschen, ein Programm, also was ein Unternehmen eigentlich wieder besseren Wissens in eine Schieflage geraten lässt, obwohl viele Leute vorher schon die Erkenntnis gewonnen haben, dass es so nicht weitergehen kann. Und einer der Themen, die wir uns heute rauspicken, ist das Thema: Ich muss alles alleine machen. Wenn ich Hilfe bitte, dann wird mir das als Schwäche ausgelegt. Und außerdem können diejenigen, die ich Hilfe bitte, dann sehen, wo ich mein Unvermögen habe. Da fühle ich mich doch gerade in der Krise sicherer wenn keiner über meine Schulter oder gar in meine Arbeit schaut. Es gibt mehrere Fälle, in denen … Ich habe aktuell einen konkreten Fall, wo die Fachabteilung sich unheimlich wehrt, Daten bereitzustellen, die dem Einkauf die Möglichkeit geben würde, bessere Konditionen zu verhandeln. Und die Argumentationskette geht zum Beispiel sehr dahin, zu sagen: „Wir kennen die Lieferanten viel besser und wir haben schon langfristige Beziehungen und dies und das und sonst irgendwas, wobei zweifelsohne die Einkäufer bessere Verhandler sind Stellt sich natürlich die Frage: Warum? Denn zu verlieren gibt es ja objektiv nichts.
00:03:10: Jörg Weidenfeld Wenn der Einkauf nicht erfolgreich ist, ist es die Bestätigung dafür, dass alles gut war bisher. Wenn der Einkauf erfolgreich ist, ist es für das Unternehmen besser. Und nicht selten erweckt sich der Eindruck, dass es für die Fachabteilung das Wünschen gewisswertere Ergebnis wäre, der Einkauf wäre nicht erfolgreich. Und dieses Thema würden wir gerne mit euch heute beleuchten. Kennst du so was Ähnliches, Jens?
00:03:43: Jens Alsleben Na ja, klar. Ich meine, es ist auch unangenehm, wenn man wirklich mit bestem Wissen und Gewissen tag ein, tagaus, acht, neun, zehn Stunden am Tag versucht, im Rahmen seiner Aufgaben alles so gut wie möglich zu machen. Und dann kommt dann plötzlich jemand in deinen Verantwortungsbereich rein, vielleicht auch noch tatsächlich von außen. Den kennst du nicht, dem vertraust du nicht. Du weißt nicht, was der tatsächlich für einen Motiv hat. Also klassische Vertrauensfrage, die da im Raum steht. Dem musst du dann auch noch Zugang geben zu deinem Heiligen, nämlich dem, was du an Ergebnissen produzierst, nach acht, neun, zehn Stunden am Tag und dich dann auch noch der Kritik stellen, unter Umständen, dich auch noch lehrmeistern lassen, unter Umständen von irgendeinem dahergelaufenen Berater oder so, dir erzählen lassen, was du alles falsch gemacht hast und das dann auch noch aushalten, dass dann irgendeiner aus deiner Organisation mit Fingern auf dich zeigt und sagt: „Siehst du? Ich habe mir jetzt doch gleich gedacht, der macht seine Arbeit gar nicht perfekt und der macht seine Arbeit gar nicht so, wie er sie machen könnte. Der ist eine Lusche, der hat keine Ahnung. Da dann eine große Brust hinzuwählen und zu sagen: „Ja, gib es mir genau das.
00:05:10: Jens Alsleben Das wollte ich schon immer. Das ist natürlich auch ein bisschen viel verlangt.
00:05:14: Jörg Weidenfeld Mein Gott, was für eine wilde Fantasie, möchte ich da fast sagen. Weil ich würde mal unterstellen, so häufig sie bestimmt vertreten ist, glaube ich, hat das so in der Form noch nie einer erlebt. Zumindest hat das großen Seltenheitswert. Jetzt mache ich mal eine Alternativ-Fantasie. Ich gehe hin und sage: „Hey, das ist mal ein neuer Ansatz. Das ist mal eine tolle Idee. Einkauf, komm, hilf mir, oder wer auch immer. Wir machen das zusammen, holen das Beste raus, feiern eine Party und wir freuen uns alle darüber Dass durch eine neue Kollaborations-Idee wir gemeinsam was Besseres rausgeholt haben. Und vielleicht sind sogar Ideen geboren worden, die beiden Fachbereichen, die beiden Abteilungen entsprechend helfen. Also ich für mich habe immer die Erfahrung gemacht, dass mir die Hilfe, die ich gebeten habe, wurde mir noch nie verwehrt und ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass mir das einer jemals als negativ ausgelegt hat. Wobei ich aber zustimme, dass das, was du eben beschrieben hast, die durchaus gängige Fantasie und Erwartungshaltung ist.
00:06:23: Jens Alsleben So, und im Säbelzahn Tiger-Sprech ist es natürlich so, dass der, der von außen kommt, erst mal wahrgenommen wird, anscheinend als Bedrohung. Und zwar Bedrohung für Sicherheit, Perspektive, Kontrolle und damit die Leute erst mal in Flucht, Kampf, Erstachung, Tod stellen sich selber bringen, sozusagen, und erst mal auf Abwehr gehen oder in die Sorge oder was auch immer. Das wissen wir ja nur: Eine sehr individuelle Sicht auf den Case. Aber es ist natürlich auch eine systemische Erfahrung, die da dahinter steckt. Die muss nicht unmittelbar in dem Unternehmen jetzt gemacht worden sein, in dem man gerade ist. Die kann irgendwann auf dem Weg dahin gemacht worden sein, nach dem Motto, also wenn man zu offen damit umgeht, was man eigentlich nicht kann und zu offen auch sich Hilfe holt, die dann auch feststellt, was alles nicht funktioniert hat, dann ist das mein eigener Schaden. Die Leute müssen irgendwoher haben, die Annahme, das ist jetzt irgendwie gar keine gute Idee.
00:07:34: Jörg Weidenfeld Dabei ist die sich selbst erfüllende Prophezeiung hier dann gar nicht mal so fern, denn die Fortsetzung dieses Verhaltens, gerade in Krisensituationen, sorgt ja quasi dafür, dass sich die Krise verstärkt. Also ich müsste ja bei dem defensiven Verhalten in Abwesenheit einer Verbesserung – weil wir reden ja immer von einer Situation, wo Wo wir jetzt davon ausgehen, in unser Modell, dass wir die Eigenmittel ausgeschöpft haben –, dass diese Situation im besten Fall stabil weitergeführt wird, aber im Regelfall sich weiterhin verschlechtert. Und somit haben wir es auch hier mit einem Verantwortungsproblem zu tun, denn es sind ja nicht immer nur Einzelpersonen betroffen, sondern es sind ganze Abteilungen, ganze Unternehmensbereiche oder ganze Unternehmen betroffen von dieser Hilfeverweigerung oder von diesem konstruktiven Umgang mit Minderleistungen, mit der eigenen Minderleistung. Da denken viele Menschen dran und stellt sich ja durchaus die Frage, ob das … Also kann man sich den Luxus leisten, niemanden reinschauen zu lassen, wenn man selbst nicht weiß, wie es weitergeht oder wie es besser gehen sollt Für mich ist da dann die Frage: Was steckt da für eine Erwartungshaltung im Raum, dass die Leute in irgendeiner Form glauben, dass es für sie schlecht ist, wenn rauskommt, dass sie nicht perfekt geliefert haben?
00:09:35: Jens Alsleben Und wo kommt das her? Und vor allen Dingen jetzt auch im Sinne von: Was kann man als Zuhörer, der eben eine Mannschaft führt, wo er auch schon mal festgestellt hat oder sie, dass der eine oder andere eben so reagiert: Was kann man und was muss man denn tun, an atmosphärischen Dingen, damit die Leute diese Sorge nicht haben? Also was für eine Haltung und für eine Atmosphäre man, dass die Leute wie selbstverständlich Hilfe annehmen und wie selbstverständlich auch das Risiko in Kauf nehmen, dass man feststellt, dass der die Hilfe bringt, tatsächlich auch einen Mehrwert hat?
00:10:14: Jörg Weidenfeld Ja, als Führungskraft haben wir immer die Standardantwort vorleben. Das heißt, ich muss für die Leute Referenzerfahrungen schaffen, dass das okay ist. Als Führungskraft bin ich am besten der Erste, der Accora Publikum Hilfe bittet. Das ist, denke ich, mal ein großer Punkt, dass wir schon mal damit anfangen, selber zu sagen, das ist vollkommen okay, das ist unser Modus operandi. Dann können wir uns auch hier oder die eine oder andere Sache abgucken von einer Professional Services Firm, so einer Unternehmensberatung, die grundsätzlich im Innenverhältnis relativ hierarchielos arbeitet, wenn es die Lösungsentwicklung geht für ein Thema. Und wo man auch sich was von abschauen kann, ist bei einer Musikband. Ich mag die Analogie, weil es mehrere Menschen gibt, die zusammen ein Stück spielen. Und wenn ein Spieler das Instrument nicht beherrscht oder schiefspielt, ist das ganze Lied im Eimer. Somit haben die Musiker untereinander, wenn sie proben und dergleichen, einen natürlichen Anreiz. Und es liegt in ihrer Natur, die Musikstücke zu verbessern, also auch zu kritisieren, was sie hören, was sie sehen, und gemeinsam, sie ordnen alles dem perfekten Musikstück unter. Und das ist eigentlich so die Analogie, die ich mir für jedes Team wünsche, dass das Musikstück die höchste Priorität hat.
00:11:36: Jörg Weidenfeld Und damit geht es gar nicht mehr die Einzelperson. Es geht gar nicht mehr, dass der Chef macht nichts anderes, als mich zu bewerten jeden Tag, einen Grund zu finden, mich rauszuschmeißen. Ist übrigens als Anmerkung der Redaktion eine Prägung, die wir aus der Schulzeit haben, in der wir in der Schullaufbahn 650-mal eine Bewertung bekommen darüber, ob wir eine Eins, eine Zwei, eine drei, eine vier, eine fünf oder eine sechs sind, wo uns eingetrichtert wird, dass es absolut gängig ist, dass es irgendeinen gibt, der Macht über mich hat, dessen Bewertung darüber entscheidet, ob ich gut aufgestellt in die Zukunft gehen kann oder nicht, der darüber, wo das Gang und Gäbe ist, dass jemand sagt: „Du bist so, du bist so. Im kreativen Umfeld hat das nichts verloren.
00:12:26: Jens Alsleben Ja, und ich meine, das bringt mich natürlich auch zu der Stärkenorientierung, wenn man jetzt mal wieder in die Führung schaut. Wir wissen ja aus langjährigen Begleitungen von z. B. Stärkenorientiert geführten Teams, so wie das zum Beispiel Gallup ja auch macht mit den Clifton-Strength, dass stärkenorientiert geführte Teams deutlich performanter abschneiden und auch einen höheren Grad an psychologischer Sicherheit bieten. Und was heißt das? Es heißt, im Endeffekt hat jeder verstanden, dass er bestimmte Stärken hat, die seine Kollegen nicht haben und umgekehrt. Und dass eben die Kombination dieser verschiedenen Stärken erst das ideale Ergebnis bringt und dass ich auch selber gut beraten bin, wenn ich mich für bestimmte Aufgaben mit jemandem zusammentue, der bestimmte Stärken hat, die ich nicht habe. Und aus diesem Mix, nach dem Motto „Mal helfe ich mit meiner Stärke dem anderen und ein andermal hilft der oder die mit ihrer Stärke mir, entwickelt sich dann im Laufe der Zeit ein Selbstverständnis, dass man sehr genau hinterfragt: „Wo ist es jetzt eigentlich notwendig, dass ich mit meinen Kollegen dass ich an meine Kollegen abgebe oder intensiver mit meinen Kollegen zusammenarbeite, damit das Ergebnis entsprechend gut wird. Und man hat überhaupt gar kein Problem mehr, zuzugeben, dass man in diesem Bereich gar nicht so gut ist wie die Kollegen, weil man ja weiß, es gibt andere Bereiche, das ist eben umgekehrt.
00:14:06: Jens Alsleben Also dieses Selbstverständnis anzuerkennen, dass andere etwas können, was man selber nicht kann und dass es wichtig ist, dass die dann auch vorangehen. Das kann man natürlich pflegen. Und ein ganz entscheidender Punkt ist, wie du sagtest, dieses Vorleben, dass diese Stärkenorientierung nicht nur gefördert, sondern auch eingefordert wird und eben Leute auch erleben, sie werden nicht mehr abgestraft, sie werden nicht mehr negativ bewertet, sozusagen, wenn in bestimmten Situationen nicht sie im Lead sind, sondern sie andere vorlassen oder sich die Hilfe holen von anderen.
00:14:44: Jörg Weidenfeld Jetzt habe ich ja das Glück, mit zwei ganz tollen Geschäftspartnern ein Unternehmen gegründet zu haben letztes Jahr im Oktober, in dem wir drei sehr co-kreativ unterwegs sind. Also was wir immer fest gestellt haben, ist, es ist nicht eins plus eins plus eins, was herauskommt, wenn wir drei zusammenarbeiten, sondern es ist mindestens mal drei hoch drei. Ja, also der Effekt, wenn mehrere Menschen sich, mehrere Geister sich ein Thema kümmern aus unterschiedlichen Perspektiven, die aneinander gut zuhören können und dergleichen und immer ein Element reinschieben, wo der andere vielleicht nicht daran gedacht hat, wo das dann eine co-kreative Wirkung hat. Das ist der Effekt ist exponentiell. Also nicht nur macht es deutlich mehr Spaß, sondern es kommt auch eine deutlich geilere Idee daraus. Das ist quasi auch so ein Thema, wo man sagen kann, diese Problembewältigung oder Aufgabenbewältigung, also auch zu einer Teamaufgabe, Aufgabe zu machen? Also wie viele Chefs sitzen in ihrem eigenen Kämmerlein und wollen ihr Team nicht belasten mit den Sorgen, die da sind, wo es eigentlich für alle Beteiligten viel besser wäre, wenn die in der offenen Arena wären und vielleicht kreative Köpfe würden sich mal zusammentun.
00:16:02: Jens Alsleben Ja, und ich meine, wir wissen, dass zum Beispiel die Menschen, die im Flow unterwegs sind, also für alle die, die sich mit dieser Flow-Thematik noch nicht so befassen, da geht es im Endeffekt darum, dass der Mensch manchmal, wie Kinder beim Spiel, die Zeit vergisst, immer dann, wenn er etwas tut, was er wirklich sehr gut kann, was er auch leidenschaftlich gerne macht und er dabei etwas tut, was ihn herausfordert, ohne dass er oder sie überfordert wird. So ganz grob die drei Kriterien. Wenn das dann eintrifft, dann ist der Mensch bis zu 40-mal produktiver, sagt die Forschung, als wenn er was tun muss, worauf er keinen Bock hat. Ich meine, das kennt jeder von uns, wenn wir mit irgendeinem Hobby befasst sind, wo uns die Dinge leicht von der Hand gehen, wo wir dann auf die Uhr gucken und sagen: „Wow, sind schon wieder fünf Stunden rum? Gibt es doch gar nicht. Ich habe doch gerade erst angefangen. Man vergisst tatsächlich Raum und Zeit sich herum. Und diesen Zustand des Flows, den versucht man auch in die Arbeitstheorie einzubringen, indem man eben versucht, die Menschen immer häufiger Dinge tun zu lassen, die sie besonders gut können, die sie leidenschaftlich gerne machen und wo sie eine Aufgabe lösen müssen, gemeinsam oder auch alleine, die sie wirklich herausfordert, ohne dass sie dadurch überfordert werden.
00:17:29: Jens Alsleben In Amerika nennt man das Ganze Job Crafting. Das heißt also, man baut sozusagen das Rollenprofil so auf, dass die jeweiligen Stärken der Leute entsprechend Berücksichtigung finden. Und das ist etwas, was mich auch extrem begeistert. Und wenn ich mal auf diese Ausgangssituation gehe von dir, wo Leute eben nicht in der Lage sind, bereit sind, sich da Hilfe zu holen oder die Hilfe von außen anzunehmen, dann zeigt mir das auch, dass sie in dieser Tätigkeit auch ein Stück weit unsicher sind und es definitiv eben nicht zu ihren Stärken gehört, was sie da gerade machen müssen, sondern sie schon genau wissen Also eigentlich bin ich da nicht optimal unterwegs. Und wenn dann jemand auch noch zeigt, dass ich mit meiner Befürchtung recht habe, dann ist der Super-Gau. Da muss ich nämlich zugeben, dass ich es eigentlich nicht gebracht habe und das will ich natürlich nicht.
00:18:31: Jörg Weidenfeld Genau. Nicht, die Sie ihn nicht gebracht haben. Noch mal mein Lieblingsthema „Perspektivenwechsel, das noch mal mit da reinzubringen. Der Jack Welsh spricht ja immer vom Chief Meaning Officer, also von der Aufgabe der Führungskraft, den Menschen ein Sinnhaftigkeitsempfinden zu geben. Eine gute Antwort auf die Frage: „Warum mache ich das eigentlich? Zumindest ist das für jeden wünschenswert, die Antwort auf diese Frage zu kennen. Ich habe mit einem Kunden gearbeitet. Das Unternehmen hatte 13 Quartalsberichte hintereinander, Verschlechterung hinter sich. Und die waren alle daran mit „Sense of urgency und dies und das und „Was können wir denn noch machen? Und so. Dann habe ich sie mal gefragt. Ich sage: Wie wichtig wäre euch das denn oder wie würde sich das denn anfühlen, mal einen Quartalsbericht zu präsentieren, der richtig geil ist? Werd ihr bereit dafür, alles zu tun, damit das mal eintritt? Überhaupt, sich mal wieder mit dem Gefühl zu verbinden, also nicht gegen Krieg zu sein, sondern für Frieden, also noch mal ein anderes Bild in den Kopf zu bekommen, einen anderen Perspektivenwechsel über: Was brauchst du denn für einen geilen Quartalsbericht? Und warum sollten wir das nicht kriegen? Warum nicht? Ich denke an dein Bild hinter dir in einem anderen Studio.
00:19:48: Jörg Weidenfeld What if it works? Genau. Also das, denke ich, ist auch noch mal ein großes Thema, dass wir nicht über die Vermeidung von Kritik reden oder über das Vermeiden von Fehler aufdecken, sondern über das Erschaffen und Kreieren eines großartigen Quartatsberichts, eines Fortschritts, eines geilen Ergebnisses, auf das wir kollektiv stolz sein können.
00:20:14: Jens Alsleben Ja, das ist ja aber auch wieder eine Frage des Vorlebens. Weil ich ja auch immer sage, du bist Chef Sinnstifter und Chef Hindernis aus dem Wegräumer als Führungskraft. Das fängt natürlich auch wie immer oben an und dann muss ich natürlich als Führungskraft vor allen Dingen selber erst mal an den Higher Purpose glauben. Und ich lasse mal das Wort Purpose weg. Ich muss mich, wie selbstverständlich auch der größeren Aufgabe sozusagen, unterordnen, die ich da habe, nämlich ein Unternehmen erfolgreich aufzustellen und mein Stakehold dann in irgendeine Form einen Mehrwert zu bieten. Und ich glaube, dass viele Leute so sehr im Alltag verstrikt sind, dass sie häufig gar nicht mehr den Abstand haben und ab und zu ihre Rolle zu hinterfragen und eben sich selber den Sinn auch noch mal darzulegen und klarzumachen Und was mir auch auffällt, ist, dass eben in diesen Rollenerwartungen sozusagen die Leute auch im Klein-Klein auch häufig stecken bleiben und gar nicht mehr hinterfragen, ob es denn eigentlich richtig ist, dass sie diejenigen sind, die bestimmte Dinge machen, oder ob es nicht viel besser wäre, wenn andere bestimmte Dinge machen und diese Diskussion auch nicht mehr stattfindet. Du weißt aus unserem gemeinsamen Fall, sozusagen, dass auch der Austausch von Erwartungshaltungen irgendwo ausbleibt und man einfach so vor sich, viele einfach so vor sich hinarbeiten und es gar keine Reflexion mehr darüber gibt ob das denn alles so richtig ist.
00:22:02: Jens Alsleben Und dann die Leute auch in einen Zwang kommen, sozusagen, zu glauben, bestimmte Dinge liefern zu müssen, die vielleicht gar nicht, der vielleicht gar nicht notwendig wäre. Und das Ergebnis viel besser wäre, wenn sie einfach mal loslassen könnten.
00:22:22: Jörg Weidenfeld Absolut. Das Loslassen können und auch da mal eine Vorschussinvestition in das Vertrauen des anderen. Ja Meinst du das?
00:22:30: Jens Alsleben Wir haben jetzt wieder einen Fall gehabt, wo es Verhandlungen geht, wo die Verhandlungsführer im Endeffekt nicht erfahren genug sind, in der Sache, die Verhandlung zu führen und es erfahrene Helfer gibt, die man nicht mit einbezogen hat, weil man, keine Ahnung, zu stolz war, vielleicht auch das falsche Selbstverständnis entwickelt hat, die Sachen selber erledigen zu müssen, wo wir wieder beim Anfang wären. Man muss alles selber machen können. Und am Ende des Tages man vor lauter empfundener Verantwortung aus den Augen verliert, dass man selber vielleicht gar nicht in der Lage ist, das beste Ergebnis zu erwirtschaften. Und da ist natürlich dann das Gesamtsystem gefragt, dass so was nicht passiert, sondern dass man auch die Leute dann am Schlawittel packt und sagt: „Hör mal, hier endet jetzt deine Fähigkeit und es ist jetzt wichtig für das Gesamtsystem, dass jemand anders übernimmt. Und by the way, das ist nicht dein Problem. Daraus erwachsen dir keinerlei notwendigen negativen Konsequenzen Grenzen. Im Gegenteil, we highly appreciate it.
00:23:49: Jörg Weidenfeld Jetzt für die Zuhörer und Zuhörerinnen am Radio oder am Auto. Die Frage ist immer so ein praktischer Impuls. Einige von euch sind Führungskräfte, andere beobachten dieses Verhalten vielleicht. Zwei Empfehlungen: Ich schlage jedem von euch vor, egal wo ihr gerade seid, in welcher Position, in welcher Rolle, heute einmal mehr als sonst, Hilfe zu bitten und einmal mehr als sonst, Hilfe anzubieten – proaktiv – und zu versuchen, jeden Tag das einmal mehr zu machen Und beim Hilfe anbieten, damit das nicht rüberkommt wie „Ich glaube, du kannst das nicht, bin ich ein großer Freund, davon Einladungen auszusprechen. Also hingehend zu sagen: „Hör mal, wenn du möchtest, helfe ich dir da gerne „Ich sehe dich. Ich sehe dich, ich sehe, dass du struggles, dass es gerade viel ist. Wenn ich dir helfen kann, sag Bescheid. Mache ich gerne. Das kann man nämlich von jeder Position aus machen. Da muss man nicht auf den Chef warten, das tun zu können. Und für die Führungskräfte unter euch, wenn ihr so ein Verhalten beobachtet – natürlich selber vorleben immer –, aber wenn ihr seht, dass das jemand in eurem Team besonders gut macht, das auch mal besonders zu feiern und das mal besonders hervorzuheben, dass wenn einer, gerade wenn einer struggled und sagt: „Ich brauche Hilfe, das Verhalten mal besonders zu feiern.
00:25:25: Jörg Weidenfeld Das, glaube ich, damit kreieren wir die Referenzerfahrungen, die wir immer brauchen, aus einer kleinen Welle eine große Welle zu machen.
00:25:39: Jens Alsleben Ja, und den Impuls auch aufzunehmen, wenn ihr beobachtet, dass jemand struggled, loszulassen lassen, sich noch mal hinzusetzen und klar Erwartungshaltungen abzuklopfen, zu klären, auch noch mal die Rolle zu besprechen und auch noch mal klarzumachen, wofür es unbedingt wichtig ist, dass die Hilfe auch angenommen wird, die manchmal notwendig ist und dass man auch Hilfe bitten darf und dass das eine Stärke ist und keine Schwäche.
00:26:12: Jörg Weidenfeld In diesem Sinne, ihr Lieben, vielen lieben Dank, dass ihr so lange bei uns wart. Ich hoffe, euch hat die Episode gefallen und ich freue mich für euch auf einen hilfereichen Tag.
00:26:28: Jens Alsleben In dem Sinne, Macht es gut, bleibt stark im Sturm.
00:26:32: Jörg Weidenfeld Bis dann. Und wenn irgendeiner von euch eine Super-Story im eigenen Unternehmen erlebt, dann seid ihr herzlich willkommen, die uns zuzusenden, mit uns in Kontakt zu treten. Vielleicht machen wir mal eine Episode gemeinsam Weil ich glaube, ein paar erfolgreiche Kriegsgeschichten freuen uns natürlich sehr darüber, die mit euch zu teilen, weil ich glaube, dass die auch jeden anderen Hörer sehr ermutigt, auch immer jeden einzelnen Säbelzantiger nacheinander zu zähmen, sodass sie Stück für Stück immer weniger werden.
00:27:02: Jens Alsleben Und wenn es euch gefallen hat, dann bitte kommentiert, likt, teilt und verbreitet den Stark im Sturm-Podcast in eurer Community. Denn so helfen wir uns gegenseitig dabei, in ungewissen Zeiten stark im Sturm zu stehen. Bis zum nächsten Mal. Macht’s gut. Euer Jens und …
00:27:20: Jörg Weidenfeld Jörg. Arrivederci. Arrivederci.
00:27:22: Jens Alsleben Ciao, ciao.
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