Transparenz statt Taktik

Shownotes

„Ich dachte, du denkst, dass ich denke …“ – in kaum einem anderen Bereich wird so viel hineininterpretiert wie bei Erwartungen. In dieser Episode nehmen Jens Alsleben und Jörg Weidenfeld ein Thema auseinander, das in der Zusammenarbeit von Beirat, Gesellschaftern und Management regelmäßig für Reibung sorgt – ohne dass es je offen benannt wird: unterschiedliche Erwartungen, unausgesprochene Motive und projizierte Vorstellungen über das, was „die anderen“ wohl meinen.

Ausgangspunkt ist ein Praxisfall: Ein Unternehmen im schwierigen Fahrwasser, verhärtete Fronten zwischen Beirat und Management – und ein Workshop, der mit einer einfachen Frage beginnt: 👉 Was erwartest du von der anderen Seite – und was glaubst du, dass sie von dir erwartet?

Was folgt, ist ein Aha-Moment auf allen Seiten: Erwartungen weichen von Erwartungserwartungen massiv ab. Vertrauen wird sichtbar – oder eben nicht. Und der Blick auf die eigentlichen Handlungsmotive verändert die Beziehung zwischen den Akteuren fundamental.

Jens und Jörg erklären, wie Erwartungsklärung zur Führungsaufgabe wird, warum Vertrauen nur auf der Basis von Transparenz entsteht – und warum es gerade in komplexen Situationen notwendig ist, über Rollen, Interessen und Ziele explizit zu sprechen.

Diese Folge ist ein Plädoyer dafür, dass man nicht weniger kommunizieren muss, sondern klarer. Und dass professionelle Zusammenarbeit nicht auf Harmonie basiert – sondern auf gegenseitiger Berechenbarkeit.

Bis zum nächsten Mal, haltet durch und bleibt entspannt! Euer Jens, Jörg und Gustav.


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Quellen:

  • Bünzli, F., & Eppler, M. J. (2024). Spotlight on a Thought Leader - How to Become an Effective Communicator: Schulz von Thun’s Contribution to Business Communication. International Journal of Business Communication, 61(2), 484-491. https://doi.org/10.1177/23294884231224118 (Original work published 2024)

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00:00:01: Jens Alsleben Ja. Moin zusammen, herzlich willkommen zu einer weiteren Folge von der Säbelzahntiger. Mir gegenüber sitzt wie immer der liebe Jörg. Moin Jörg, Moin Jens, ich hoffe du bist gut in die Woche gestartet und stressfrei durch die Woche gekommen. Oder hast du auch wieder so wunderbare Erlebnisse gehabt mit deinen Kunden wie ich letzte Zeit?

00:00:27: Jörg Weidenfeld Ja, wunderbare Erlebnisse. Gut ist, dass sie mittlerweile mich persönlich nicht mehr stressen. Also das ist eine Sache. Ich bin also ein großer Fan. Wenn ich die Analogie wählen würde, ist das wie die von Notar. Die Beziehungsentfernung Distanz von Notarzt zu einem Patienten heißt also quasi Du tust ja auch als Notarzt alles, damit der Patient überlebt. Aber sollte der auf der Theke liegen bleiben, dann muss man abends auch immer noch normal weiterleben können. Ja, so und es macht einen auch nicht zu einem Angehörigen. Das heißt alles Leid kommt ja vom ADAC, Attache, von der Anhaftung her. Die Objektivität geht flöten, wenn man emotional tief involviert ist. Das sind alles Dinge, die sich ein Notarzt nicht leisten kann. Deswegen dürfte auch selbst ein Arzt seinen seinen Angehörigen nicht operieren, weil eben diese emotionale Nähe und das Anhaften die Urteilsfähigkeit trübt.

00:01:20: Jens Alsleben Diese emotionale Nähe. Das ist auch das Stichwort für den heutigen Podcast. Heute geht es um das Thema Erwartungshaltung. Management sozusagen. Und ich leite mal einen mit mit einer Case Study, die also auch so passiert ist. Das ist jetzt schon eine Zeit lang her, der der Fall ist also quasi verjährt. Deswegen kann man darüber sprechen, ohne Namensnennung. Aber da war die Situation wie folgt. Das Unternehmen ist schon seit einiger Zeit in wirtschaftlich schwierigem Fahrwasser. Das hat verschiedene Gründe. Aber was relevant ist, ist, dass eben die Gremien in dem Falle Managementbeirat schon seit vielen Jahren verschiedene Dinge versuchen, um das Schiff wieder flott zu machen. Und es hat aus diversen Gründen nicht so funktioniert, wie sich das alle erhofft hatten. Und ich wurde dann dazu gebeten und da ging es dann darum, letztendlich die Beziehungsebene zwischen Beirat und Management nochmal neu aufzustellen, dass man sich wieder vernünftiger begegnen kann. Und was ich halt festgestellt habe in den in den Gesprächen war, dass da unheimlich viel zwischen den Zeilen geflossen ist. Da wurde also schön über bestimmte Dinge wir haben ja auch schon drüber geredet, die Elefanten im Raum trefflich nicht oder eben nicht richtig gesprochen.

00:02:50: Jens Alsleben Wahrheit hatte häufig nicht den Raum, den sie brauchte. Können wir nachher noch mal ein bisschen intensiver darauf eingehen? Und dann haben wir eine Übung gemacht und die wollte ich heute eigentlich auch mal so ein bisschen vorbringen, weil das doch eine wichtige Erkenntnis war für alle Beteiligten dass meine Erwartungshaltung ans Management. Da ging es also darum, dass wir dann drei Fragen gestellt haben, und zwar jeder Partei sozusagen. Die erste Frage war Was erwartest du von der anderen Partei? Also da ging es um den Gesellschafter, da ging es um den Beirat und um das Management. Also wurde die Frage gestellt dem Management Was erwartest du? Management vom Beirat? Was kann der Beirat von dir erwarten, was kann er nicht von dir erwarten? Und was erwartest du, was der Beirat von dir erwartet? Also die sogenannte Erwartungshaltung. Und da mussten die, mussten die das jeweils ausfüllen. Als wir dann im Vorfeld verschickt gehabt und haben dann einen Workshop gemacht, wo wir diese verschiedenen Erwartungshaltungen nebeneinander gelegt haben. Und da war es doch du mit dabei.

00:04:03: Jens Alsleben Deswegen glaube ich, können wir da beide gut drüber sprechen und haben da also intensiv mal reingeschaut. Und das hatte ich. Die erste Frage an dich Wie ging es dir damals, als du diese Fragen gestellt gekriegt hast und auch im Verlauf dieses Workshops? Was hat das mit dir gemacht?

00:04:23: Jörg Weidenfeld Also erstmal war ich in einer sehr komfortablen Situation, weil ich war zu dem Zeitpunkt sehr, sehr neu in dieser, in dieser Gruppe drin. Das heißt, ich hatte keinerlei Altlasten und meine Erwartungshaltung und Erwartungserwartungen sozusagen war basierend auf dem, was eigentlich, wie soll man sagen, der Profi, der Notarzt von jedem dieser Gremien erwartet. Also die haben ja eine naturgegebene Rolle in so einem Konstrukt und dass sie diese Rolle auch vernünftig ausfüllen. Und ich weiß natürlich auch, was ich als Organ eines Unternehmens für Erwartungen zu liefern habe und welche was legitime Erwartungen von allen Beteiligten ist an die Professionalität einer Geschäftsführung. Somit war das für mich als für meinen persönlichen Teil eigentlich einfach zu zu händeln. Was aber spannend war Viele Spieler hatten Altlasten miteinander. Das heißt also, wie soll man sagen, eine Geschichte von gegenseitig nicht erfüllten Erwartungen und Enttäuschungen, die über mehrere Monate, gar Jahre hinweg gingen. Und es schien wie unmöglich zu sein, eine Diskussion auf Sachebene zu führen, sondern es war eigentlich hauptsächlich wie nach dem Fondsmodell, war also hauptsächlich Beziehungsebene und Appellohr, auf denen die Dinge gehört, gehört und gesprochen wurden.

00:05:43: Jens Alsleben Lass uns ganz kurz einschieben Eine Minute. Das ist das Vier Ohren Quadrat von Schulz von Thun. Jeder Mensch hört mit vier Ohren, dass das Sachohr, das Appellohr, das Selbstoffenbarungsohr und das Beziehungsohr. Um euch kurz ein Beispiel zu geben Ehepaar fährt im Auto. Sie fährt, er sitzt auf dem Beifahrersitz. Er sagt zu ihr Die Ampel ist rot, das Sachor von ihr hört. Da vorne ist eine rote Ampel. Das Appellor Von ihr hört Brems das Selbstoffenbarungsohr von ihr sagt ihr okay. Der meint, er ist der bessere Autofahrer und das Beziehungsohr von ihr hört, der traut mir nicht zu, dass ich die Ampel selber sehe. Und je nachdem mit welchem Ohr die Ampel ist rot gehört wird, erfolgt eine entsprechende Reaktion. Also das nur kurze Einschieben.

00:06:36: Jörg Weidenfeld Und dass im Sender jemand kann auf der Sachebene senden und der andere auf der Beziehungsebene empfangen und damit eine nicht erwartete Reaktion sozusagen produzieren. So, und jetzt kommen wir zu diesem Feld Erwartungserwartungen. Wenn ich schon ein paar Referenzerfahrungen habe, dass ich auf der einen Seite sende und auf der anderen Seite kommt es an, dann ist es ja so, dass die Erwartungserwartungen die ist. Jetzt sende ich wieder was auf der Sachebene und er kriegt das eh wieder in den falschen Hals und fangen dann an, diese Sachen zu managen. Also somit. Das ist dann wie die zwei sich gegenüberstehenden Spiegel. Irgendwann geht es dann ins Unendliche. Dann wird es ein riesen Chaos. Ja so und das konnte man halt da sehen, dass die Diskussion schnell von der Sache Was müssen wir tun, um die Kuh vom Eis zu kriegen hinging zu wer ist schuld? Und dass sich Leute getriggert fühlen und dergleichen. Also selbst das Wort fiel oft, was für mich überraschend war in einem professionellen Finanzinvestoren Kunden Setting, dass das so emotional sein kann. Da muss ich sagen, war für mich auch neu, das so zu erleben.

00:07:39: Jens Alsleben Ja, und während dieses Workshops, was hat sich, wie hat sich das für dich dargestellt, was hat sich da im Verlaufe dieses Workshops dann getan?

00:07:49: Jörg Weidenfeld Also das, was ja gut ist. Durch das gegenseitige Spiegeln war zumindest erstmal klar, wie sehr die Erwartungserwartungen von der tatsächlichen Erwartung abgewichen hat. Also das ist schon mal eine Sache, die schön ist. Also eine absolut wertvolle Übung. Wenn ihr selber mal in einer Situation seid, wo mehrere Interessengruppen aufeinander prallen, wo man das so feststellt, dass man irgendwie scheinbar immer in Missverständnissen verhaftet ist. Diese Übung mal zu machen. Weil es ist wirklich ganz erstaunlich zu sehen, wie sehr eine Erwartungserwartung von der tatsächlichen Erwartung abweicht. Und wenn das dann gegenseitig gespiegelt wird, auch, dass man mal hört, was bei der anderen Seite ankommt. Ja, das ist irgendwie auch erlaubt, Dinge zu bereinigen, die sonst so gar nicht auf die oft gar nicht auf den Tisch gekommen wären.

00:08:40: Jens Alsleben Ja, und das Spannende ist in diesen Erwartungserwartungen also auch da herzlichen Dank an Arist von Schlippe, der diesen Begriff geprägt hat. Also die eigene Erwartung daran, was der andere wohl von mir erwarten wird. Da schwingen natürlich meine ganzen Glaubenssätze, meine ganze Sozialisierung alles so mit rein. Und wenn dann der Gegenüber mal damit konfrontiert wird, was ich glaube, was er wohl von mir erwartet hätte und er mir mal wirklich sagt, was er tatsächlich erwartet hat, dann ist es auch ein Moment der wirklich Klärung und der der teilweise auch Befreiung sozusagen. Weil häufig gerade in so einem Umfeld von so Overachievern wie wir, wie wir ja viele kennen und wir sind. Ich bin ja auch selber so ein Overachiever, dann stellt man plötzlich fest, dass die Erwartungshaltung häufig gar nicht so hoch war oder häufig gar nicht so unerfüllbar gewesen ist, wie man das selber vielleicht vermutet hat. Und damit ist es auch eine schöne Fremdbild Selbstbild Übung, um sich mal selber zu hinterfragen Wie ist eigentlich meine Wahrnehmung von der Welt? Und dann? Und dann finde ich es auch wichtig, daraus eben seine Lessons learned zu ziehen, um sicherzustellen, dass es in der Zukunft anders kommuniziert wird, nämlich klarer und auf den Punkt gebracht.

00:10:12: Jörg Weidenfeld Ja, jetzt würde ich gerne ergänzen, weil wir als Thema immer unseren Säbelzahntiger haben. Was ich auch beobachten konnte, war der Zusammenhang zwischen Ängsten, die die einzelnen Leute haben und wie die sich in Erwartungshaltung übersetzen.

00:10:25: Jens Alsleben Ja.

00:10:26: Jörg Weidenfeld Also dass ganz viele Leute. Da gab's so ein, so ein, so ein großes Angstthema im Raum, was ich darin übersetzt hat, wie löst das doch für mich also eine Partei, quasi verzweifelt, also in Abwesenheit der Selbstwirksamkeit das Problem selber zu lösen. Das ist so ein bisschen ausgeliefert, Den Naturkräften ausgeliefert zu fühlen, doch eigentlich den Wunsch zu haben, etwas Unkontrollierbares kontrollieren zu können. Also nehmen wir mal als Beispiel Es gab immer. Es geht also um einen. Es ging also um einen Workstream, dessen Ergebnis eine große Relevanz auf den Blick des Unternehmens Für andere Gläubiger und Co hätte haben können. Und dann gab es also einen Wunsch nach einer engen Abstimmung. So, wo aber der Zwischenton war, die enge Abstimmung ist dazu da, um diesen, wie soll man sagen, dieses Gutachten in das Ergebnis zu lenken, was man denn gerne hätte und nicht die Entspanntheit zu haben, das Gutachten mal Gutachten sein zu lassen, weil die Gefahr, dass aus dem Gutachten was rauskäme, was nicht zum Vorteil wäre für das Interesse der einen Partei, war eben groß genug und das kommt auf der anderen Seite als manipulativer Move an es ist gar nicht so eine explizite Erwartung, aber das Urbedürfnis kommt aus einer Angst heraus, weil man ein Ergebnis kontrollieren möchte, dessen Ausgang, vor dessen Ausgang man Angst hat.

00:11:48: Jens Alsleben Ja, und wenn, dann? Wenn dann alle sich ständig zuwerfen, dass sie ja so rationale Ökonomen sind und so an der Sache orientiert wären und du dann dass du überlegst, was tatsächlich passiert. Dann ist es schon erstaunlich und erschreckend zugleich. Ja.

00:12:10: Jörg Weidenfeld Ich habe noch zu ergänzen die Übung. Man kann an der Übung, so wie sie gespielt wird, auch wirklich ablesen, wie sehr sich die Menschen wirklich vertrauen in ihrer Bereitschaft, wirklich zu sagen, was sie wirklich erwarten. Also habe ich auch festgestellt ganz viele. Als es dann aufgeschrieben werden musste, wurden es wieder Lehrbuch Erwartungshaltungen, obwohl die das Erlebte, das was man in Erwartungserwartungen sehen konnte. Ja, die Erwartungserwartungen haben gezeigt, was bei den Leuten ankommt, also wie es sich anfühlt. Und bei den artikulierten Erwartungen war das Lehrbuch wieder drin und daher kam die Diskrepanz. Ja, sollte derjenige, der sich quasi permanent manipuliert fühlt, artikuliert natürlich genau das in Erwartungshaltung. Ich nehme wahr, dass ich das tun soll, was du von mir willst und nicht das, was ich für richtig halte. Ja, so was ja so einer nie in eine Lehrbuch Erwartung formulieren würde. Und dann Den Diskrepanzen kommt man viel. Erkennen ist auch wie ein wie eine Vertrauensmessung sozusagen. An der Diskrepanz kann man sehen, wie sehr sich das Team dahingehend vertraut, ehrlich zu artikulieren, was in ihnen vorgeht.

00:13:13: Jens Alsleben Ja, ja, ja. Und jetzt ist die Frage, was kann man daraus mitnehmen für das tägliche Doing? Also für mich war das erste Take away. Diese Übung muss man tatsächlich regelmäßig machen, weil gerade in einer komplexen Welt, wo wahnsinnig viele Dinge passieren und unheimlich viele Strings irgendwie attached sind, an dem Case wahnsinnig viele Leute arbeiten und jeder so mit seiner persönlichen Erwartungserwartungen durch die Gegend geht und und sein Handeln dadurch steuern lässt. Dann ist es ja schon fast Zufall, dass alle sich irgendwie erwartungsgemäß miteinander in die richtige Richtung entwickeln oder in die gleiche Richtung entwickeln. Also ein regelmäßiger Reger Austausch. Aber was ich halt auch wieder für mich festgestellt habe und das sage ich ja schon ganz oft, auch zu Beginn einer Beziehung zu Beginn einer Geschäftsbeziehung ist so ein Erwartungshaltung Workshop. Aus meiner Sicht extrem wichtig, weil er ein Referenzpunkt ist, an dem entlang ich natürlich auch immer wieder Feedback geben kann und das sachliche Feedback, so nach dem Motto die Quartalsergebnisse kamen nicht, Das ist das eine, aber das Wie geht es mir da mit dir?

00:14:33: Jens Alsleben Wie fühle ich mich jetzt gerade in dieser Beziehung mit dir? Das wird ja in der Regel nicht gefeedbackt oder ganz selten, vor allen Dingen Management und Beirat. Im Beirat sdiskussion habe ich das so gut wie noch nie erlebt. Und deswegen systematisch so eine Erwartungshaltung. Workshop einmal alle paar Monate zu machen, halte ich für eine absolute GesundheitspflegeAktion innerhalb des Geflecht zwischen Gesellschafterbeirat und Management.

00:15:06: Jörg Weidenfeld Ich möchte da vielleicht ergänzend sagen, es geht auch um die Transparenz der Handlungsmotive. Ja, so. Also man muss auch ganz klar sehen, die Rollenverteilung, die Leute, die haben. Deswegen gibt es unterschiedliche Gremien, die sind unterschiedlich, weil sie unterschiedliche Handlungsmotive und unterschiedliche Prioritäten haben.

00:15:23: Jens Alsleben Erklär das mal kurz, was damit gemeint ist.

00:15:25: Jörg Weidenfeld Fangen wir mal damit an. Also ich sag jetzt mal als Repräsentant, als Geschäftsführer eines Unternehmens repräsentiere ich die Interessen des Unternehmens, unabhängig von irgendeinem Interesse irgendeines Passivseitens. Der, der der Aufsichtsrat ist. Oft hat, hat Gesellschafterbestandteile drin, mit ein paar Profis, im Regelfall deren offizielle Mission. Es ist natürlich, dafür zu sorgen, dass auch, wie soll man sagen, governancetechnisch alles mit rechten Dingen zu kommen. Die sind ja auch diejenigen, die die Geschäftsführer einstellen und das sind die normalen Bosse der der der Geschäftsführung, die aber durch die Gesellschafterrepräsentanz schon mal ein deutliches Gesellschafterinteresse mit da reinbringen. Ja so. Also da gibt es schon mal eine natürliche Spannung. Gerade dann, wenn wir in dem Feld, in dem wir arbeiten, wenn wir immer in Nahinsolvenzsituationen sind, so dann ist dann, wenn zum Beispiel der Unternehmenswert weniger ist als das, was an, an Kredit außenstehend ist, so, dann ändert sich das, weil ökonomisch gehört das Unternehmen dann dem Eigenkapital Eigner nicht.

00:16:34: Jens Alsleben Also vielleicht für die da draußen, die nicht so stressed affin oder erfahren sind. In unserer Welt gibt es einen Unternehmenswert, der wird relativ einfach bewertet auf Basis von sogenannten Multiples. Da hat man ein Vorsteuerergebnis vor Abschreibungen und nennt sich EBITda, Earnings, Before Interest Tax, Depreciation und Amortisation. Und der wird mit einem Multiple versehen, dass der sogenannte Unternehmenswert, wenn man an dann die außenstehende Bank Kredite dann dagegen setzt und die Bank Kredite sind höher als dieser Unternehmenswert ist das was der Jörg meint, dann ist das Unternehmen sozusagen unter Wasser. Dann kann man sagen, die Eigentümer haben keinen Wert mehr, weil wenn so ein Unternehmen verkauft würde, würde der gesamte Verkaufspreis erstmal an die Banken zurückfließen, um die Kredite abzuzahlen und dann bliebe für den fürs Eigenkapital nichts wert. Deswegen ist das Ökonomische die ökonomische Eigentümerschaft liegt dann in so einem Fall tatsächlich bei den Banken. Und der Jörg sagt lapidar die Passivseiten Spieler eine Passivseite auf Aus der Bilanz Da sind eben die Bankverbindlichkeiten, da sind aber auch die Lieferantenverbindlichkeiten, da sind Rückstellungen drin, da sind aber auch die Eigenkapitaleigentümer sozusagen, weil auf der Passivseite ist ja normalerweise die Differenz zwischen aktiv und passiv.

00:18:00: Jens Alsleben Ist das Eigenkapital also auch der der Gesellschafter sozusagen. Deswegen sind die Passivseiten Spieler, mit denen wir zu tun haben, sind in der Regel Banken, Kreditfonds und die Eigentümer. Das nur mal kurz als kleiner Einschub.

00:18:15: Jörg Weidenfeld Genau so und die haben alle. In so Notsituationen haben die halt eben alle auch ein besonderes Interesse. Und wir haben dann in der Geschäftsführung sind wir sozusagen der Wächter über dieses Asset. Wir müssen also mein damaliger Kollege liebe Grüße, Peter Brix von Alvarez hat immer gesagt Management hat es immer genannt das Top Management. Wenn also alle um ihre Scheibe des Kuchens kämpfen, ist es unser Job, den Kuchen zu beschützen, den Kuchen größer zu machen und dann dafür zu sorgen, dass alle satt werden von den Scheiben, die übrig bleiben, die aber beim größeren Kuchen das dann wahrscheinlicher machen. So, und das heißt, wir haben also auch alle ein unterschiedliches Handlungsmotiv und auch die persönliche Haftung, die liegt halt eben in der Geschäftsführung für das, was passiert, gerade in insolvenznahen Situationen. Da gibt es dann auch gewisse Felder. Da hat dann auch kein anderer mehr der Geschäftsführung irgendwie zu sagen, was er zu tun und zu lassen hat. Das macht die dann ziemlich autonom. Aus diesem Spannungsfeld entstehen halt eben unterschiedliche Handlungsmotive und es macht Sinn, dass man die glasklar artikuliert hat, dass man auch ganz genau weiß okay, hier in diesen Feldern ziehen wir am gleichen Strang.

00:19:22: Jörg Weidenfeld Hier haben wir aber gegenseitige Interessen. Und diese gegenseitige, diese Kräftefelder, die sorgen eigentlich für den besten Weg. Wenn die drei Parteien sich halt einig sind oder wenn da einer allein kommt. Also das ist nicht ungesund, dass die unterschiedliche Handlungsmotive haben.

00:19:38: Jens Alsleben Und das ist mir damals so positiver Erinnerung geblieben, als du das auch ansprachst und sagte okay, lass uns doch mal über unsere Handlungsmotive sprechen. Weil mich das erinnert hat auch an die klassische Konfliktmediation, Denn auch da sagt man, die beiden Konfliktparteien können nur dann eine gemeinsam, eine vielleicht auch völlig neue Lösungen erarbeiten für ein gegebenes Problem, wenn sie tatsächlich die ehrlichen Motive des jeweils anderen verstanden haben. Weil wenn ich wirklich dann auch feststelle okay, du machst es nicht, um mir zu schaden, sondern du machst das aus einem Motiv heraus, was für mich total nachvollziehbar ist, dann kann ich auch plötzlich mich wieder dir öffnen. Und das ist auch das, was ich damals festgestellt habe in diesem Workshop, dass das für die Leute tatsächlich ein neuer Blick war auf dieselbe Situation und sie dann auch ein Stück weit besser anfangen konnten zu verstehen, was das dann im Endeffekt bedeutet für euer Handlungen, eure Handlungen auch zukünftig, wie ihr handeln müsst, sozusagen aufgrund dieser Motive. Und dann fing eben auch das an, dass es dann wirklich ein sachlicher Dialog wurde, Also nach dem Motto okay, jetzt liegen wir alle Handlungsmotive auf dem Tisch Und wie können wir jetzt tatsächlich uns zukünftig vereinbaren zusammenzuarbeiten, um diesen Motiven auch irgendwo gemeinsam Rechnung zu tragen, wohl wissend, dass nicht alle unsere Erwartungserwartungen auch tatsächlich wahr waren?

00:21:17: Jens Alsleben Und dann wird es eine sehr, sehr konstruktive Geschichte und ihr habt euch dann hinterher eben auch geeinigt auf eine neue Form der Zusammenarbeit, die ihr dann in der Zeit danach auch so gelebt habt.

00:21:32: Jörg Weidenfeld Ja, haben wir. Wobei, wenn ich jetzt mal sage, die Auseinandersetzung, also die unterschiedlichen Handlungsmotive, sind ja damit nicht weg, sondern durch die Transparenz schafft man einen professionellen Umgang damit. Also mit den Worten von Don Corleone zu sprechen, Dann ist das Töten halt rein geschäftlich, nicht persönlich. Also das Töten. Damit meine ich also, dass man auf einem gewissen Standpunkt beharrt. Ich nenne mal ein klassisches Beispiel, wenn man Liquiditätsinjektionen braucht, um wie gesagt, Diesen. Den. Den. Den Insolvenztatbestand. Nach hinten. Nach hinten zu schieben. Entweder zu lösen oder eben weit nach hinten zu schieben, um sich Handlungsraum zu verschaffen. Wenn man das Geld dann von demjenigen will, der sowieso schon Toast ist, hier Eigenkapital, das man klar verstehen kann. Ja, du bist der Eigentümer, aber ja, du bist ein Unternehmen auch schon los, als ich verstehe, warum du mir das Geld nicht gibst. Das ändert aber nichts daran, dass ich es brauche, um mich vielleicht in eine Handlung zwingen könnte, die du nicht willst.

00:22:28: Jörg Weidenfeld Ja, aber macht es wenigstens transparent. Und es ist eben klar. Sozusagen. Jeder wird dadurch berechenbar. Und ich glaube, das ist das, was im was eigentlich unser Ziel sein sollte, gar nicht die erzwungene Harmonie, sondern dass wir so transparent miteinander sind, dass bei jedem Thema, was auf dem Tisch ist, wir berechenbarer werden. Und damit deckt sich dann mehr und mehr die. Berechenbar heißt ja Erwartungserwartungen gleich Erwartung. Ja, so also, dass ich vorhersehen kann, was der.

00:22:56: Jens Alsleben Beobachtetes Verhalten gleich beobachtetes Verhalten, Erwartungserwartungen gleich Erwartungen, gleich beobachtetes Verhalten, das die Berechenbarkeit und dadurch kommt natürlich auch im Sinne des Säbelzahntigers da auch Ruhe rein sozusagen, weil man nicht mehr das Gefühl hat, dass der andere mir schaden will. Und das ist auch eine vertrauensbildende Maßnahme. Wir, wir erinnern uns Vertrauen ist das Gefühl, dass der Gegenüber mir nicht schaden will. Und insofern ist diese Übung tatsächlich eine hochgradig vertrauensbildende Maßnahme gewesen in einer schwierigen Situation, weil man offen war. Man war transparent, weil man war klar in seinen Motiven. Man hat sich dem geöffnet und gestellt, man hat gemeinsam eine Art und Weise vereinbart, wie man damit umzugehen hat. Man wurde dadurch berechenbar und konnte sich dann in einer, in einer konfliktreichen Umgebung sozusagen auch viel, viel besser abstimmen, ohne und und vor allen Dingen auch seine Energie nach außen richten, ohne sich ständig immer Gedanken zu machen, dass der innere Kreis sozusagen Auseinanderfliegt. Und insofern war das eine heilende und eine ganz wichtige Übung und können wir nur jedem von euch empfehlen, das mal auszuprobieren, weil da eine andere Qualität auch in die Beziehung einzieht.

00:24:17: Jens Alsleben Genau das war es heute wieder. Kurze Folge zum Thema Erwartungen, Erwartungserwartungen und Handelns. Handlungsmotive. Wir würden uns freuen, wenn euch die Folge gefallen hat und wir können uns auch gerne dann noch mal zu diesem Thema austauschen. Wenn ihr Fragen habt, meldet euch gerne jederzeit bei uns. Wir machen in der nächsten Folge weiter zu dem Thema Beobachten und bewerten. Das ist ein Dauerthema. Da werden wir auch nie müde drauf rumzu zu rum zu hacken sozusagen, weil auch da haben wir wieder einen gemeinsamen Fall, der uns einiges an Podcast Material geliefert hat. In dem Sinne schön war es. Jörg, vielen Dank an Dich und gleichfalls bis bald.

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